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Yogeshwar: Der Klimawandel ist da

„Wir halten an alten überkommenen Dingen fest“, sagt Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar.

„Wir halten an alten überkommenen Dingen fest“, sagt Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar in seiner Keynote zum Auftakt der ersten Nürnberger Nachhaltigkeitskonferenz. Der Klimawandel zeige sich nicht nur mit mehr Dürren in Afrika oder Überflutungen in Bangladesch. Vielmehr sind auch in Deutschland Überflutungen, Rekordhitze und teilweise knappes Wasser angekommen. „Der Klimawandel ist da“, so sein zentrales Statement. „Wir können nicht weitermachen, wie bisher.“

Allerdings fällt es den Menschen schwer, die Zukunft zu extrapolieren. Vor Corona sei etwa die breite Einführung von digitaler Arbeit aus dem Home Office in Unternehmen und Behörden nicht vorstellbar gewesen. Yogeshwar erinnert auch an den Exportschlager der USA im 19. Jahrhundert. Der Unternehmer Frederic Tudor sägte Natureis aus gefrorenen Seen und verschiffte es bis ins indische Kalkutta. Die Erfindungen von Dampfmaschine und Kühltechnik schätzte er für die Zukunft seines Imperiums völlig falsch ein.

„Beim Denken bleibt man beim Alten“, warnt er die Konferenzgäste. Daher müsse man Produkte und Prozesse grundlegend hinterfragen. Das gelte auch für die Städte der Zukunft, die bislang mit Stellflächen und Parkhäusern für Autos gebaut sind. Er wolle das Auto nicht verteufeln und er habe auch keine Antwort, wie die Städte einmal ausschauen werden. Sein Tenor: Man müsse weniger über das Auto der Zukunft, sondern um die Mobilität der Zukunft nachdenken. „Wir ändern den Blick vom Produkt zum Prozess.“ Dafür brauche es nicht allein technische Innovationen, sondern eine Veränderung der Kultur. Für ihn geht es um die beiden zentralen Fragen „Was wollen wir?“ und „Wo wollen wir hin?“.

Dazu gehört auch die Frage, wie der klimafreundliche Industrieausbau ausschauen wird. Die Stahlindustrie siedelt sich mit der Produktion immer dort an, wo die Energie billig ist. „Alte Industrie mit fossiler Basis können wir nicht behalten.“

Kritisch geht der Physiker auch mit der Bürokratie ins Gericht, die „für ein statisches System entwickelt“ wurde. Das habe er nicht nur selbst erfahren, als er vor Jahren in seinem Eigenheim Photovoltaik und Geothermie installierte. „Die Antragsstellungen sind für die Energiewende Gift.“ Und er kennt noch mehr Stolpersteine. So könne man bidirektional E-Autos bei Sonne laden und nachts entladen. Dem E-Auto als Stromspeicher stehe aber das Finanzamt entgegen. „Wer tagsüber sein Auto beim Arbeitgeber lädt und sich abends daheim mit dem Strom ein Spiegelei brät – der hat einen geldwerten Vorteil.“

Podiumsrunde auf der Nachhaltigkeitskonferenz
Podiumsrunde auf der Nachhaltigkeitskonferenz. Foto: Thomas Tjiang

Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König erinnert an die lokalen Klimaziele. 2035 will die Stadtverwaltung klimaneutral sein, die gesamte Stadt mit Unternehmern und Verbrauchern 2040. „Das ist ein Marathonlauf, dafür muss man sich Ziele setzen und Etappensiege feiern.“ Und es gehe ständig um Ausgleich und Konsens. So konkurrieren etwa um die knappen städtischen Flächen nicht nur die Bereiche Wohnen und Gewerbe. Es geht gleichzeitig um mehr Stadtgrün für Lebensqualität, aber auch um zusätzlichen Raum für Bildung und Kultur.

https://epaper.Nürnberger Nachrichten (Abo), nue-news.de: Nachhaltigkeitskonferenz macht Klimaziele lokal