Das Geschäftsmodell der 1884 vom Bleistiftfabrikanten Lothar Freiherr von Faber mitgegründeten Nürnberger Versicherung gerät unter Druck. So war im letzten Jahr etwa die Sparte Schadensversicherung mit dem branchenweit preisaggressiven Kfz-Segment ein Minusgeschäft. Umweltschäden und verteuerte Autoreparaturen machten Auszahlungen nötig, die über den Prämieneinnahmen lagen. Nach diesem unbefriedigenden Start unter seiner Regie will Harald Rosenberger das Geschäftsmodell Stück für Stück „auf das Zukunftsthema Prävention“ ausrichten, schreibt der Vorstandschef an seine Aktionäre. Die Neuausrichtung ist Teil eines Effizienzprogramms FIT2024, dass neben der Präventions-Idee auch eine neue Unternehmenskultur und ein Sparprogramm vorsieht. Die Nürnberger Nachrichten hatten über einen möglichen Stellenabbau von etwa 500 Mitarbeitern berichtet. Ende 2023 beschäftigte die Nürnberger im Innen- und Außendienst 4244 Mitarbeiter. 2022 waren es 4.237. Die Nürnberger teilt auf Anfrage mit, dass Gespräche noch nicht abgeschlossen seien und es noch keine definitiven Ergebnisse gebe.
Der Umbau des Geschäftsmodells vom traditionellen Schadensregulierer zum Präventionsanbieter kommt einer kleinen Revolution gleich. Angesichts des Klimawandels und des demografischen Wandels will die Nürnberger verstärkt Schadensvermeidung betreiben, führt Rosenberger weiter aus: „Wir werden viel früher tätig. Wir helfen tatkräftig, dass Schäden gar nicht erst passieren. Sei es, indem wir Hausbesitzer dabei unterstützen, ihr Heim vor Elementarschäden zu schützen. Oder unsere Kunden beim Erhalt ihrer Gesundheit begleiten, sodass sie unsere Versicherungsleistungen im besten Fall gar nicht in Anspruch nehmen müssen.“
Dafür strickt das Traditionsunternehmen seine gesamten Policen so um, dass Prävention ein integraler Teil von ihnen wird. Kunden bekommen etwa in Zukunft individuelle Tools und Services für ein gesundes Leben. „Prävention ist der entscheidende Weg, Kosten zu reduzieren, damit Versicherungen auch künftig bezahlbar bleiben“, so Rosenbergers Leitidee. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings auch ihm bewusst: „Dabei gehört es auch zur Wahrheit, dass diese Transformation uns Nürnbergern über mehrere Jahre viel abverlangen wird.“ Ein neues Geschäftsmodell verlangt neue Prozesse und Technik und eine andere Kultur. Das soll sich deutlich im Ergebnis der Jahre 2026 bzw. 2027 niederschlagen. Bis dahin peilt der Chef einen Konzerngewinn von 100 Millionen Euro an – gegenüber 2023 mehr als das Doppelte.
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