Noch bis morgen findet im Nürnberger Messezentrum die Werkstätten-Messe statt. Dann endet nach vier Messetagen nicht nur die diesjährige Ausgabe. Vielmehr endet die Verbindung der Spezialmesse zur Noris. Der ideelle Träger, die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menchen (BAG WfbM), konzipiert die Veranstaltung neu und lädt 2025 zur Neuauflage ein. Unter den Standorten, die in der Endausscheidung sind, ist Nürnberg allerdings nicht mehr dabei, sagte der BAG WfbM-Vorstandsvorsitzende Martin Berg am Rande der Messe. Die besten Jahre habe die Werkstätten-Messe 2013 bis 2015 mit teils über 200 Ausstellern und über 20.000 Besuchern gehabt, erinnert sich Berg. Doch die präsentierten Werkstätten-Produkte wurden immer weniger gekauft. 2019 waren es noch knapp 150 Aussteller und 15.000 Besucher. In diesem Jahr kamen noch etwas über 110 Aussteller.
Auch der bisherige Messeansatz, die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen in die breite Öffentlichkeit zu tragen, habe sich aus Sicht von Berg überlebt. „Wir wollen behinderte Menschen nicht präsentieren, sondern teilhaben lassen.“ Zudem stoße auch der inklusive Gedanke im Kongresspart an seine Grenzen. Zwar richten sich auch diesmal im Kongress viele der rund 100 Vorträgen an behinderte und nichtbehinderte Teilnehmer. „Manche Themen lassen sich in leichter Sprache nur in viel längerer Zeit darstellen.“ Das neue Format setzt auf einen stärkeren Fachkongress mit kleiner Ausstellung.
Digitaler Aufbruch für Werkstätten
Inhaltlich setzte die BAG WfbM in Nürnberg mit ihrem neuen Positionspapier zum digitalen Aufbruch für die bundesweit 700 Hauptwerkstätten den wichtigsten Akzent. An immerhin gut 3.000 Standorten beschäftigen sie rund 310.000 Menschen mit Behinderungen. Berg sieht für die Werkstätten einen großen Nachholbedarf angesichts der fortschreitenden Digitalisierung. Aus Eigenmitteln könnten die Kosten für digitale Infrastruktur etwa für computergesteuerte Maschinen mit Qualitätskontrolle durch Künstliche Intelligenz nicht finanziert werden. Außerdem müssten sowohl die behinderten Beschäftigten als auch das Fachpersonal geschult werden.
Den Finanzbedarf für den digitalen Aufbruch der Werkstätten will Berg nicht beziffern. Bei 700 Werkstätten könnte allerdings schnell ein zweistelliger Millionenbetrag auf die Arbeitsagenturen oder Sozialträger zukommen. Es geht aber nicht nur um eine einmalige Anschubfinanzierung, sondern Jahr für Jahr um eine verstetigte Finanzierung der digitalen Infrastruktur.
Die Gefahr einer digitalen Ausgrenzung durch Armut belegt auch der Paritätische Gesamtverband mit einer Studie. Demnach ist das Risiko, digital abgehängt zu werden, für arme Menschen besonders groß. Armen Menschen fehlt es im Vergleich zu nicht von Armut Betroffenen doppelt so oft an den nötigen technischen Geräten und Voraussetzungen zur digitalen Teilhabe. Außerdem haben sie viel seltener Gelegenheit zum Auf- und Ausbau digitaler Kompetenzen über den Beruf. Der Paritätische Gesamtverband warnt vor einer wachsenden digitalen Kluft und fordert umfassende Maßnahmen zur Sicherung digitaler Teilhabe für alle.
E-Paper Nürnberger Nachrichten (Paid), nue-news.de: NürnbergMesse verschiebt Werkstätten