Beim Herbstgespräch im Nürnberger Tullnaupark der Handwerkskammer für Mittelfranken und der VR Bank Metropolregion Nürnberg wirbt Christian Sendelbeck für Zuversicht. Der Vizepräsident der Handwerkskammer und Chef der gleichnamigen Haustechnik-Firma sieht gute Gründe „für ein weinendes und ein lachendes Auge“. Auch angesichts der belastenden Energiekrise dürfe man nicht alles schlecht reden. „Die Auftragslage ist hervorragend.“ Zudem fehlten allein in seiner Branche bayernweit rund 6.000 Fachkräfte. Sendelbeck plädiert auch für mehr Engagement, um Einsparpotenziale beim Energieverbrauch nachhaltig zu realisieren. „Wir haben ein gewisses Komfort-Problem“.
Allerdings sind die Preise für Strom und Gas kurzfristig alles andere als harmlos. „Die Energiekrise gefährdet Handwerksbetriebe als Motor des Wohlstands.“ Das konstatiert Dr. Mario Liebensteiner beim Herbstgespräch. Er ist Juniorprofessor für Energiemärkte und Energiesystemanalyse an der FAU Erlangen-Nürnberg. Weil Schieflagen gerade in energieintensiven Firmen nicht durch unternehmerisches Fehlverhalten verschuldet wurden, sieht er nun angesichts drohender Konkurse die Politik in der Pflicht, zu helfen.
Energiepolitik im Trilemma
Die aktuellen Herausforderungen haben eine Komplexität, die wie ein Gordischer Knoten gelöst werden müsse. „Ein gleichzeitiger Ausstieg aus Atom, Kohle und Gas ist unrealistisch.“ Liebensteiner nennt es ein „Trilemma“. Denn der Kohleausstieg ist weltweit Konsens, um globale Klimaziele zu erfüllen. Der Abschied vom russischen Gas ist europäischer Konsens angesichts der brutalen Kriegsführung der Russen gegen ukrainische Zivilisten. Das – nun befristet verschobene – Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke ist in Deutschland seit Jahren politisches Ziel. In diesem Trilemma bleibt für den Referenten eines ganz wichtig: „Die Stromversorgung muss gewährleistet sein.“
Beim Blick in die Zukunft zeigt er sich verhalten und beantwortet die Frage, ob sich die Situation bald entspannen werde, mit einem klaren „Jein“. Derzeit fällt der Gaspreis wieder deutlich, die schlimmsten Befürchtungen scheinen nicht einzutreten. Für diesen Winter sorgen die Atommeiler für Entspannung. Mittel- und langfristig ist für Liebensteiner aber klar, dass Strom- und Gaspreise im Vergleich zur Vorkrisenzeit relativ hoch bleiben. Die nächsten Jahre werden die Energiepreise „nicht deutlich fallen.“
Den anwesenden Unternehmern rät der Nürnberger Professor, auf betrieblicher Ebene Energie zu sparen und die Energiewende voranzutreiben. „Investitionen in Wärmepumpen, Solar und Speicherbatterien rechnen sich jetzt schneller.“ Allerdings bremsen Lieferengpässe, Fachkräftemangel und langwierige Bürokratie bei der Genehmigung den Wandel. Außerdem sind die diskutierten Preisdeckel für Energie zwar betrieblich hilfreich. Aber der Ökonom sieht den „Preis als Knappheitssignal“ in Gefahr. Dabei ist der freie Preis eine wichtige Grundlage der Marktwirtschaft.