Für Beschäftigte der weiterhin geöffneten Standorte des Essener Warenhauskonzerns Galeria ist es eine gute Nachricht. Kommt auch das Go der Gläubiger Ende des Monats sind zumindest in den Filialen ein Großteil der Jobs gerettet. Denn auch dort dreht das Management an der Kostenschraube und will die Zukunft mit weniger Mitarbeitern stemmen. Damit fällt die Standort-Rettung – wie etwa in Erlangen und in Nürnberg angestrebt – alles andere als rosig aus. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, gießt im MDR-Interview Wasser in den Wein. Es handele sich vermutlich nur um einen Aufschub. Viele Kaufhausketten seien in den letzten Jahrzehnten nach und nach Pleite gegangen. Die Menschen würden verstärkt im Internet einkaufen und weniger in Geschäften.
In die gleiche Kerbe schlug zuvor die Handels-Professorin Hanna Schramm-Klein von der Uni Siegen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk betonte sie, mit der Schließung habe man schon seit Jahrzehnten rechnen müssen. „Jede Stadt, die nicht darauf vorbereitet war, dass […] die Warenhäuser schließen, […] muss sich das letztlich selbst zuschreiben. Denn es ist wirklich seit Jahrzehnten absehbar.“ Schramm-Klein begründet das mit der langfristigen Abwärtsentwicklung. Neben der schwächeren Position gegenüber Online-Anbietern seien auch die Sortimente der Warenhäuser in die Jahre gekommen.
Mit Blick auf die beiden Nürnberger Galeria-Standorte, die zur Jahresmitte schließen sollen, plädierte der Nürnberger Wirtschaftsreferent Michael Fraas für eine Politik der kleinen Nadelstiche. Gegenüber den Nürnberger Nachrichten riet er den betroffenen Städten etwa dazu, ausstehende Gewerbesteuern einzutreiben. „Damit erhalten sie als Gläubiger Einblick in den Insolvenzplan und haben ein Informationsrecht.“ Für den bisherigen Kaufhof-Standort in der Königsstraße will er Investoren mit neuen Nutzungsabsichten ausbremsen. „Der Galeria-Standort in der Königstraße ist und bleibt für Handel reserviert.“
Der Deutsche Städtetag sieht zwar den harten Einschnitt für die betroffenen Beschäftigten und ihre Familien. „Trotz aller Schwierigkeiten wird vielerorts die Entscheidung auch als städtebauliche Chance verstanden“, so Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. „Es gibt schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen kann: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstler-Ateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehr-Generationenhaus oder Wohngebäude. Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits neu genutzt werden, sind dafür gute Beispiele.“ Spätestens seit Corona und Lockdown kämpfen die Städte um eine Revitalisierung der Cities. Statt Laden an Laden mit immer hören Mieten gilt als Zukunftsmodell „Begegnung, Erlebnis und höhere Aufenthaltsqualität“.
deutschlandradio.de: Handels-Professorin Schramm Klein (Audio), mdr.de, E-Paper Nürnberger Nachrichten (Paid), nue-news.de: Galeria Kaufhof bleibt doch in Erlangen