Schon die Zusammenarbeit aus dem Homeoffice bringt nicht immer das Ergebnis, dass man sich wünscht. Erfolgreiche Projektarbeit ist häufig auch auf den informellen Austausch nach einem Meeting oder an der Kaffeemaschine angewiesen. Ähnlich ist es bei der Kooperation über Kontinente hinweg. Sicheres Englisch und eine stabile Internetleitung sind zwar Grundbedingungen, aber kein Garant für ein gemeinsames Ziel. Die Bedeutung der interkulturellen Kompetenz werde oftmals unterschätzt, sagt die Informatik-Professorin Patricia Brockmann von der TH-Nürnberg. Bei ihren Kursen Global Software Engineering stellt sich heraus: Die größte Hürde ist, dass Studenten in anderen Ländern auch ganz unterschiedlich ticken.
Seit Jahren beobachtet Brockmann beim Studiengang Global Software Engineering immer wieder ein ähnliches Problem. Die Ohm-Studenten kümmern sich intensiv um technische Fragen, um mit ihren Kommilitonen ausländischer Hochschulen ein gemeinsames IT-Projekt zu stemmen. Dann noch ein Blick auf die unterschiedlichen Zeitzonen und schon kann es losgehen. Doch Brockmann identifiziert Probleme auf ganz anderen Ebenen. Beim Austausch von Bildschirm zu Bildschirm liegt die Tücke in der unterschiedlichen Kommunikationskultur. Ein „Ja“ eines japanischen Studierenden bedeutet nicht unbedingt Zustimmung, sondern lediglich „ich habe es akustisch verstanden“.
Vier interkulturelle Gruppen entwickelten im letzten Semester unter der Überschrift Smart Cities digitale Prototypen für den Einsatz in einer Großstadt im Globalen Süden. So entstand beispielsweise eine App, die in der Nähe von touristischen Sehenswürdigkeiten Restaurants empfiehlt. Das Besondere daran: Ernährungsgewohnheiten der Touristen, wie z. B. vegetarisch, vegan oder halal lassen sich berücksichtigen. Ein anderes Team realisierte das sogenannte „dynamic discounting“ bei touristischen Zielen. Das System zur Reservierung von Eintrittskarten bietet für Zeiten mit weniger erwarteten Besuchern ermäßigte Eintrittspreise.
„Um effizient in globalen Softwareentwicklungsprojekten zu arbeiten, sind interkulturelle Kommunikationsfähigkeiten entscheidend.“ Dabei zeigten sich etwa verkürzende Social-Media-Kommunikationskanäle als wenig hilfreich. Für komplexere Kommunikationsanliegen bis hin zur inhaltlichen Abstimmung sind sie ungenügend. Weitere kulturelle Dissonanz beobachtete Brockmann auch im Verhältnis der Studenten zu ihren Professoren. Deutsche sind es gewohnt, auch in virtuellen Vorlesungen Nachfragen zu stellen. „Das ist in Indonesien überhaupt nicht üblich.“ Die Studenten aus Malang bevorzugten wiederum eine schriftliche Kommunikation – vielleicht auch, um die Inhalte dann schnell mit Google zu übersetzen.
Für die gebürtige Hawaiianerin Brockmann ist klar: „Für eine verbesserte Zusammenarbeit im interkulturellen Team ist der wichtigste Faktor eine verbesserte Kommunikation zwischen den Teammitgliedern.“ Eine Möglichkeit wären virtuelle Gaming-Runden, um sich über die Grenzen von Kontinenten hinweg kennenzulernen.
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