Trotz Lieferprobleme, Preissprünge, Energiepreise und Inflation bleibt das mittelfränkische Handwerk weiter robust. „Die wirtschaftlichen Sorgen spiegeln sich noch nicht in den Zahlen wider“, konstatiert Rainer-Johannes Wolf, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Mittelfranken (HWK). Die rund 22.200 Betriebe zeigen sich in der Konjunkturumfrage für das zweite Quartal trotz aller Schwierigkeiten robust. Die gewichtige Baubranche punktet mit einem Auftragsbestand von gut viereinhalb Monaten. Das ist überdurchschnittlich hoher Wert und nochmal ein Plus gegenüber dem Vorquartal. Im Schnitt stapeln sich über alle Gewerke hinweg die Aufträge knapp drei Monate.
„Die Nachfrage wird größer“, flankiert HWK-Präsident Thomas Pirner. Er weist aber auch auf die Kehrseite der guten Lage für Betriebe und 121.000 Beschäftige hin. Denn für die Verbraucher und Firmen, die einen Handwerker brauchen, wird die Wartezeit länger. Immerhin punktet der Bezirk Mittelfranken zur Jahresmitte mit einem Genehmigungsplus beim Wohnungsbau von mehr als einem satten Drittel.
Gut 45 Prozent der befragten Betriebe sehen sich in einer guten wirtschaftlichen Situation. Für weitere 38 Prozent ist die Situation befriedigend. 17 Prozent werten ihr Geschäft als schlecht. Fasst man die gute und befriedigende Lage zusammen, gibt es für 83 Prozent keinen Grund zu Klage. Ein Quartal zuvor sagten das nur 77 Prozent der Handwerksbetriebe.
Die Preiskapriolen bei Material und Energie sorgen dafür, dass neue Aufträge gern mit einer Preisgleitklausel ausgerüstet werden. Hierbei klammert ein Angebot einen fixen Preis etwa für Bauteile aus. Tagespreis sieht Wolf im Kommen. Das gilt nicht nur auf der Baustelle, sondern bereits auch für Mehl.
Die große Sorge bereitet allerdings der „wachsende Bedarf an Fachkräften und Arbeitskräften“, beschreibt Pirner die Mangelsituation beim Personal. Es sein ähnlich, wie in fast allen Branchen. Zudem sind aktuell noch über 1.000 Azubistellen unbesetzt. Durch die Corona-Pandemie fehlten etwa die Schulbesuche, um die Vielfalt der Berufe vorzustellen. Wolf sieht außerdem einen anhaltenden Akademisierungstrend mit zweifelhaftem Effekt: „Irgendjemand muss die Universitäten bauen.“ Und Pirner wünscht sich, dass die Friday-For-Future-Kids in die Installationsbranche gehen, um auch dem Dach oder im Keller die Energiewende mitzubauen.
Aktuell zeichnet sich bei den Handwerkern noch keine auffällige Zahl an Betriebsschließungen ab. Energieintensive Betriebe, wie etwa Bäcker oder Metzger, sind teils aber sehr besorgt über eine Zukunft mit bislang unbekannten Energiepreisen. „Wenn der Worst Case kommt, ist das für einige Betriebe existenzgefährdend“, blickt Wolf besorgt in die Zukunft.
epaper Nürnberger Nachrichten (Paid), nue-news.de: Baubranche stärkt Handwerk