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IW: Fachkräftemangel bedroht Wohlstand

IW: Fachkräftemangel bedroht deutschen Wohlstand

Der Fachkräftemangel bremst in vielen Branchen das Wachstum und bedroht den deutschen Wohlstand. Oliver Stettes, Leiter Arbeitswelt und Tarifpolitik beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), bringt es auf den Punkt: „Das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaft, Innovationskraft und Transformationsfähigkeit nimmt ab.“ Das ist für ihn die zwingende Folge, wenn eine kleiner werdende Zahl von Erwerbstätigen bzw. ein kleineres geleistetes Arbeitsvolumen das Einkommen einer größer werdenden Gesellschaft erwirtschaftet. So hat sich beispielsweise die Zeit seit 2010 auf mittlerweile 140 Tage im Durchschnitt verdoppelt, um eine offene Stelle zu besetzen.

Dabei sind die Herausforderungen durch die 3 Ds – Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demographie – groß. Schon drohen der Dekarbonisierung in eine CO2-neutrale Welt eine Verzögerung, weil Fachkräfte für den Einbau von Wärmepumpen fehlen. Auch der Bau von Solarfeldern und Windkraftwerken kommt nicht nur wegen bürokratischer Hürden zu langsam voran. Die Digitalisierung lässt anders als befürchtet bislang keinen systematischen Stellenabbau erkennen. Gefragt sind allerdings andere beruflichen Anforderungen. Bei der Demographie erodiert die Fachkräftebasis praktisch von selbst. 8,9 Millionen Erwerbstätige gehen in Deutschland in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Lediglich 8,4 Millionen Menschen unter 25 wachsen in den Arbeitsmarkt hinein. Die Lücke ist vorprogrammiert, ein höherer Fachkräftebedarf vergrößert die Mitarbeiterlücke.

Der IW-Experte sieht zwei große Stellschrauben, um die Situation zumindest zu stabilisieren. So gilt es, einerseits inländische Erwerbspotenziale zu heben, andererseits die Zuwanderung nach Deutschland attraktiver zu machen. So müssten etwa Teilzeitkräfte mehr arbeiten. Dafür sind aber bessere Angebote für Kinderbetreuungen notwendig. Außerdem kommt es immer mehr auf die Personalpolitik in den Unternehmen an. Dazu zählen familienfreundlichere Angebote und Optionen, die sich an den Lebensphasen – etwa Betreuung pflegebedürftiger Eltern – orientieren. Aber auch die Erwerbsbeteiligung Älterer bietet viel Potenziale. Dazu zählt er etwa bessere Rahmenbedingungen für eine Beschäftigung im Ruhestand.  

Auch für Bayern sieht der Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) einen tiefgreifenden Wandel auf dem Arbeitsmarkt im Freistaat. „Das Arbeitskräfteangebot in Bayern geht bis 2035 um neun Prozent bzw. rund 700.000 Personen zurück.“ Brossardt hätte gern eine konsequente Einhaltung der Rente mit 67. Tatsächlich gingen durchschnittlich Männer mit 64 Jahren in den Ruhestand, Frauen mit 63 Jahren.

Süddeutsche.de, nue-news.de vbw fordert mehr Dynamik bei Energiewende