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IAB: Mangel an Arbeitskräften

IAB: Deutschland verschenkt viel Potenzial

Es meldet sich nicht nur die altbekannte Fachkräftemangel zurück. Mittlerweile erreicht der Mangel an Arbeitskräften den Alltag. So weisen Nürnberger Hoteliers Gäste ab, weil Mitarbeiter fehlen. Auch der Nürnberger Flughafen ächzt unter fehlendem Personal. Vor diesem Hintergrund konstatiert das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Deutschland verschenkt viel Potenzial bei der Suche nach Arbeitskräften. Unter der Überschrift „Deutschland im demografischen Dilemma – woher sollen die Arbeitskräfte kommen?“ lud das IAB zu den Nürnberger Gesprächen.

Der Berliner Migrationsforscher Prof. Herbert Brücker, Direktor des Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung, beziffert die notwendige Zuwanderung auf „500.000 Arbeitskräfte netto pro Jahr“. „Das entspricht 1,6 Millionen Menschen brutto.“ Trotz anderer Wahrnehmung waren in den letzten Jahren nur 20 bis 25 Prozent der Zuwanderer geflüchtete. Der Großteil der Arbeitskräfte kam insbesondere aus Osteuropa. Dort sieht Brücker allerdings kein Potenzial mehr. „Die Party der EU-Osterweiterung ist vorbei.“

Der Migrationsforscher kritisiert auch den hohen Aufwand bei der Anerkennung beruflicher Abschlüsse aus dem Ausland. „Da läuft etwas schief.“ Man müsse stattdessen pragmatisch akzeptieren, dass Bildungssysteme unterschiedlich sind. Drei Berufsjahre oder ein Studium sollte mit einer deutschen Ausbildung oder einem Studium gleichgesetzt werden.

Unflexible Arbeitgeber

Die Ex-Personalchefin von Siemens, Janina Kugel, beklagt, dass die Gesellschaft seit Jahrzehnten 50.000 Schüler ohne Schulabschluss pro Jahr akzeptiert. Sie sieht aber auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Einerseits könnten sie ihre Ausbildung attraktiver gestalten, um mehr Nachwuchs zu bekommen. Andererseits müssten Führungskräfte ihre Arbeitsprozesse gesundheitsförderlicher gestalten. Das sagt sie mit Blick auf die wachsende Zahl behinderter Menschen, die erst im Beruf arbeitsunfähig werden.

Allerdings sind viele Arbeitgeber und Führungskräfte nicht besonders veränderungsbereit. „Leider ist die Flexibilität erst dann ein Thema, wenn der Notstand groß ist“, berichtet sie aus ihrer Erfahrung. Selbst wenn Beschäftigte planmäßig in ihren Ruhestand gehen, „ist das in 70 Prozent der Fälle eine Überraschung“.

Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesministerin für Arbeit und Soziales, bringt das Finanzielle ins Spiel. Manche Branchen seien durch Schichtarbeit, schwere körperliche Arbeit und Geld knapp über dem Mindestlohn gekennzeichnet. Hier müssten die Betriebe ihre Arbeitsbedingungen ändern, um abgewandertes Personal zurückzuholen. „Es wird nicht wieder wie vor der Pandemie.“

Das Podium ist sich einig, dass auch mehr Frauen und behinderte Menschen den Bedarf an Arbeitskräften teilweise decken könnten. Auch Ältere oder Langzeitarbeitslose könnten mit mehr Flexibilität besser in den Arbeitsmarkt integriert werden. Ausländische Bewerber leiden zudem an den langwierigen, bürokratischen Abläufen, um ein Arbeitsvisum zu bekommen. Außerdem denke man bei Bewerben aus dem Ausland zu wenig an Lebenspartner und Kinder inklusive Wohnung und Schule. „Hier stehen wir noch am Anfang.“

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