Eine robuste Lage kennzeichnet das abgelaufene dritte Quartal im mittelfränkischen Handwerk. Stattliche 82 Prozent der von der Handwerkskammer für Mittelfranken (HWK) befragten Firmen beschreiben ihr Geschäft als gut oder befriedigend. Beim Blick in die Zukunft zeigen sich allerdings trübe Erwartungen. Zwei Drittel der Handwerksbetriebe erwarten eine verbesserte oder gleiche Geschäftslage. Das sind deutlich weniger im Vergleich sowohl zum Vorquartal als auch zum Vorjahresquartal und ist auch mit Blick auf die letzten Jahre – inklusive Corona – ein Tiefpunkt.
„Eine Herausforderung, wie wir sie jetzt gerade erleben, musste das Handwerk in der gesamten Nachkriegszeit noch nicht bewältigen“, sagt Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der HWK. HWK- Präsident Thomas Pirner ergänzt: „Wir haben es aktuell mit multiplen Krisen zu tun“, sagt er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, Materialengpässen und stockenden Lieferketten. Zudem stehen den steigenden Sprit-, Strom- und Gaspreisen weitgehend durch die Coronapandemie aufgebrauchte Rücklagen der Betriebe gegenüber.
Lebensmittelhandwerk unter Druck
Die HWK illustriert die Energiekosten am Beispiel einer Metzgerei in Oberdachstetten. Für Inhaber Sven Engelhardt steigt der Strompreis ab Januar 2023 von 6 Cent auf 74 Cent. „Wenn die Prognosen über die hohen Energiekosten sich wirklich bewahrheiten sollten, dann sind wir ab März 2023 insolvent. Wir müssten acht Euro fürs Pärchen Bratwurst verlangen.“ Ähnliche Hochrechnungen gibt es für das Bäckerhandwerk. Eine Breze müsste laut Forster 2,30 Euro kosten.
In diesem Jahr haben bayernweit bis Ende Oktober 600 Bäckereien ihren Laden zugesperrt. Das waren bereits doppelt so viel wie im gesamten Jahr 2021. Auch in Mittelfranken setzt sich das Bäckereisterben beschleunigt fort. Corona und Energiekrise wirken hier als Beschleuniger, den Trend gibt es mehr oder minder schon seit 20 Jahren.
Entsprechend hat das Lebensmittelhandwerk bei Geschäftslage und Stimmung die rote Laterne. Bei der bislang florierenden Baukonjunktur zeichnet sich etwas mehr Normalität ab. Das Ausnahmehoch der letzten Jahre – angefeuert von der nun ausgelaufenen Nullzinspolitik – sind auf 89 Prozent der Betriebe des Bauhandwerks, die mindestens zufrieden sind. Der durchschnittliche Auftragsbestand ist auf knapp 15 Wochen gesunken, liegt aber immer noch deutlich über dem branchenübergreifenden Durchschnitt in Höhe von 10 Wochen. Vor knapp 20 Jahren kämpfte die Branche mit einer schwachen Auftragslage, die gerade mal eine Woche langte.
Forster ermahnt die Politik wiederholt, die einzelnen Handwerksbetriebe als „Wirtschaftsmacht von nebenan“ nicht aus den Augen zu verlieren. Bei den geplanten Entlastungen stünde die große Industrie deutlicher im Fokus der Hilfen. Die Hilfen für KMU´s mit den Handwerksbetrieben sei immer noch unklar. Und Pirner ergänzt: „Jetzt kommt es allerdings auf die Umsetzungsgeschwindigkeit und die Details der Ausgestaltung an.“
ePaper Nürnberger Nachrichten (Paid), nue-news.de: Weinendes und lachendes Auge im Handwerk