Noch bis Freitag können Fachbesucher aus der ganzen Welt die Nürnberger Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, Biofach, unter die Lupe nehmen. Zusammen mit der Fachmesse für Naturkosmetik, Vivaness, präsentieren über 2.700 Aussteller aus 95 Ländern ihr vielfältiges Produktangebot. Der BIOFACH Kongressschwerpunkt fokussiert das Themaspektrum „Bio. Ernährungssouveränität. Wahre Preise.“ In diesem Jahr sieht die Biobranche die vier Trends „New Glocal“, „Vegan meets Tradition“, „Less is More“ sowie „New Sweeteners“. Im letzten Jahr zeigten auf der coronabedingten Sommeredition der Biofach 2.270 Aussteller Flagge. 2020 kamen 3.800 Aussteller und über 47.000 Fachbesucher.
Den Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) zufolge ist die Biofläche in Deutschland um fast 4 Prozent auf 1,8 Millionen Hektar gewachsen. Die Zahl der Biobetriebe legte um über 2 Prozent auf 36.500 zu. Sie bewirtschaften gut 11 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche. AMI-Expertin Diana Schaack sieht das Umstellungsziel von bundesweit 30 Prozent Bio-Bauern bis 2030 in Gefahr: „Wir brauchen viel mehr Umstellungsdynamik.“
Nach einem Bio-Boom in Coronazeiten sank der deutsche Branchenumsatz um 3,5 Prozent auf 15,3 Milliarden Euro. Dabei konnten Supermärkte und Discounter ihren Marktanteil gegen den Trend mit einem weiteren Plus auf 10,2 Milliarden Euro ausbauen. Großer Verlierer war der Naturkosthandel. Hier gaben Verbraucher über 12 Prozent weniger aus. Dahinter stehe zumindest das Gefühl, dass Bio-Lebensmittel im Naturkosthandel besonders teuer sei. Ihren Zahlen zufolge ein Fehlurteil, die Preissteigerungen bei Bio lagen deutlich unter den von konventionellen Waren. Trotzdem sieht Schaack durch die „Konzentration auf den Lebensmitteleinzelhandel den Bio-Fachhandel unter Druck.“
Tina Andres, Chefin des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), beklagte die Wettbewerbsverzerrung für die Biobranche. Immerhin beziffert die Zukunftskommission Landwirtschaft die Umweltfolgeschäden durch nicht-nachhaltige Produktion mit jährlich 90 Milliarden Euro. Sie fordert daher von der Bundesregierung: „Die Mehrwertsteuer auf Bio-Lebensmittel muss gesenkt werden.“ Die diskutierte MwSt.-Befreiung für pflanzliche Lebensmittel lehnte sie dagegen ab. Zusätzlich müssten die Naturauswirkungen durch Pestizide mit einer eigenen Abgabe eingedämmt werden. Außerdem flossen nur etwa 2 Prozent der Forschungsbudgets in den Biosektor: „Das ist zu gering.“
Özdemir verspricht Unterstützung für Bio
Immerhin lobte der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der offiziellen Eröffnung die Biobranche. Sie habe gezeigt, wie nachhaltige Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelingt. Sie stehe für regionale Vertriebswege, faire Partnerschaften mit bäuerlichen Familienbetrieben und einen starken Mittelstand in den ländlichen Räumen. Der Bio-Plan der Bundesregierung sehe unter anderem mehr Bio in der Außer-Haus-Verpflegung, mehr Geld für die Öko-Forschung, starke Bio-Wertschöpfungsketten und eine Informationskampagne vor. Özdemir: „Die Preise von Bio-Produkten sind in Krisenzeiten auch stabiler. Hier wirken vorrangig regionale Lieferketten und die größere Unabhängigkeit von Mineraldünger quasi wie eine Inflationsbremse.“
Süddeutsche.de, nue-news.de: Biofach meldet sich mit Summeredition 2022 in Präsenz zurück
Beitragsbild Özdemir: NürnbergMesse / Thomas Geiger