Worklife-Balance, fehlende Kinderbetreuung oder Arbeitsunlust – über die Gründe der hohen Teilzeitquote wird viel spekuliert. Und aus der Politik ist der Tenor zu vernehmen, dass sich so der deutsche Wohlstand nicht erhalten lasse. Fakt ist zumindest, dass von 45,8 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland fast 40 Prozent in Teilzeit arbeiten. Im ersten Quartal 2025 stieg laut den Daten der Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Vergleich zum Vorquartal die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um 190.000 auf fast 17 Millionen an. „Die Teilzeitquote liegt 2025 auf Rekordniveau“, erklärt Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Das treffe aber auch auf die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten zu.
Die Rekordjagd ergibt sich im Quartalsvergleich aus einem Zuwachs von Teilzeitarbeitsverträgen. Dafür sorgen Branchen wie das Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht. Gleichzeitig sanken im Schatten einer orientierungslosen Konjunktur die Vollzeitjobs etwa in Industrie und Bau. „Die Wirtschaftskrise drückt das Arbeitsvolumen: mehr Kurzarbeit, weniger Vollzeitjobs“, so Weber. Ohne saisonale Effekte arbeiteten die Beschäftigten in Deutschland 36 Millionen Stunden mehr als im Vorjahresquartal.
Die betriebsübliche Wochenarbeitszeit aller beschäftigten Arbeitnehmenden sank minimal gegenüber dem Vorjahresquartal und lag insgesamt bei 30,34 Stunden. Bei Vollzeitbeschäftigten sank sie mit 38,14 Stunden gegenüber dem ersten Quartal 2024 leicht ab. Bei den Teilzeitbeschäftigten stieg sie in diesem Zeitraum um 0,2 Stunden auf 18,54 Stunden an. Teilzeitbeschäftigte arbeiten zunehmend seltener in Minijobs mit niedrigen Arbeitszeiten und treiben diese Entwicklung so maßgeblich voran.
Die deutsche Teilzeitquote sorgt oftmals dazu, das Bild vom faulen Deutschen im EU- oder OECD-Vergleich zu bemühen. Aspekte wie die Betreuung von Kindern und Pflege von Angehörigen oder fehlende Vollzeitoptionen sind oftmals ausgeklammert. Obwohl auch die OECD immer wieder auf die deutschen Teilzeiteffekte selbst hinweist. Die blanken Vergleichszahlen sagen auch wenig über Effizienz oder Innovation aus.
Immer wieder plakativ erhellend ist die Modellrechnung des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Demnach könnte Deutschland besser abschneiden, wenn Teilzeitbeschäftigte lieber zu Hause bleiben. Angenommen in einer Partnerschaft arbeitet der Mann 38,5 Wochenstunden an 45 Arbeitswochen, während seine Partnerin nicht erwerbstätig ist. Das ergibt mit 1.732,5 Stunden fast genau den OECD-Schnitt 2023. Nun erhöht der bereits Erwerbstätige seine Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden und seine Partnerin nimmt eine Teilzeitbeschäftigung mit 20 Wochenstunden auf. Im Schnitt werden 30 Stunden an 45 Wochen gearbeitet, also etwa die deutschen 1.350 Stunden. Statistisch gesehen ist das weniger, obwohl beide mehr arbeiten. Das RWI spitzt deshalb angesichts der häufigen Fehlinterpretation der Vergleichsstatistiken zu: Will Deutschland also den Anschluss an die OECD schaffen, muss einfach nur jeder Teilzeitbeschäftigte ab morgen zu Hause bleiben.