Bei der deutschen Automobilbranche ist der Lack ab. Die einst sprudelnden Gewinne in China sind weg. Stattdessen brausen die Chinesen mit eigenen E-Autos davon. In den USA droht den Autobauern mit der kommenden Regierung Ungemach durch eine erratische Zollpolitik. Und zu allem Überfluss produziert beispielsweise Volkswagen deutlich teurer als die japanische Konkurrenz. Die Leitbranche der deutschen Wirtschaft ist in Schieflage. In diesem Kontext träumen Autokäufer weiterhin von der alten Welt der Verbrenner. Das geht aus der Studie des Nürnberger Marktforschers Puls hervor. Demnach macht mehr als jeder Zweite die Politik für die Probleme der deutschen Automobilindustrie verantwortlich. Sie sehen beide zuletzt amtierenden Regierungen – die Ampelkoalition und ihre Vorgänger – als gleichermaßen mitschuldig an. Befragt wurden ausgewählte Menschen, die kurz vor oder nach dem Kauf eines Autos standen.
Diese spezielle Gruppe der Befragten sieht in den Denkzentralen von VW, Mercedes, BMW & Co. ein geringeres Problem. Knapp 40 Prozent halten für die Probleme die deutsche Automobilindustrie selbst für verantwortlich. Mit Blick auf den Bundestagswahlkampf ließ Puls deutsche Spitzenpolitiker bewerten. „Keiner der politischen Führungskräfte kann sich aktuell glaubhaft als Lösungsfigur für die Krise der deutschen Automobilindustrie positionieren“, erklärt Stefan Reiser. Er hat Anfang des Monats von Firmengründer Weßner die Geschäftsführung des Forschungsinstituts übernommen. So trauen lediglich 4 Prozent der Befragten Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) die entsprechende Lösungskompetenz zu. Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) folgen mit 3,7 % bzw. 2,8 %. Noch-Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Verkehrsminister Volker Wissing landen noch weiter hinten.
CSU-Chef Söder wirft sich als Ministerpräsident eines Auto-Bundeslandes in die Bresche. Gestern hatte er sich gemeinsam mit den Amtskollegen von Niedersachsen und Baden-Württemberg an die EU gewandt. Sie wollen die lang beschlossenen CO2-Grenzwerte für die Herstellerflotten aufweichen. Dann ab dem Jahreswechsel drohen angesichts einer verfehlten Modellpolitik und einem Käuferstreik bei E-Boliden saftige Geldbußen. Zuvor hatte Söder selbst zumindest indirekt die Ingenieurskunst der Branche im Rahmen seines als „10-Punkte-Maßnahmenplan Auto“ kritisiert: „Im Grunde geht es um ein fahrendes iPhone.“ Bei Software für Entertainment oder Navigation – also die Bedienfreundlichkeit des Automobils – fehlen überzeugende Ergebnisse.
Die Richtung, wie sich die Branche dem Strukturwandel stellen will, zeigt die Tarifeinigung „Zukunft Volkswagen“ beim globalen Autoriesen. 35.000 Arbeitsplätze fallen bundesweit sozialverträglich bis 2030 weg. Außerdem werden kommende Tariferhöhungen bis dahin nicht umgesetzt. Das spart Arbeitskosten von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Standortschließungen sind dagegen vorerst vom Tisch. Zu den weiteren Maßnahmen gehört eine Produktionsverlagerung ins Ausland. Das betrifft fast eine dreiviertel Million Pkws, um die die Kapazität in den deutschen Werken reduziert wird.