Im vergangenen Jahr investierten institutionelle Anleger und professioneller Privatanleger gerade einmal 319 Millionen Euro in Nürnberger Immobilien. Das war ein Einbruch um fast drei Viertel gegenüber dem Vorjahr und liegt weit entfernt vom 5-Jahres-Mittel mit 1,4 Milliarden Euro. Das geht aus dem Marktbericht Immobilieninvestment Nürnberg 2024 hervor, den die Nürnberger Immobilienberatung Küspert & Küspert gemeinsam mit dem Nürnberger Wirtschaftsreferat vorlegte. „Der Markt ist historisch eingebrochen“, konstatiert Firmenchef Wolfgang P. Küspert. Und Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier verbreitet Zuversicht: „Sobald sich die Lage auf den Kapital- und Investmentmärkten entspannt, wird das Vertrauen der Unternehmen in den Standort Nürnberg eine wichtige Grundlage für Investitionsentscheidungen auf den Immobilieninvestmentmärkten sein.“
Den Käuferstreik am Markt begründet Küspert mit der „explosiven Veränderung an den Zinsmärkten“. Nach jahrelangem Boom wendeten sich die Kapitalgeber vom Betongold ab. 70 Prozent der Transaktionen fanden im Segment institutionelles Wohnen statt. Hier allerdings dominierte etwa die Tochter vom Freistaat, BayernHeim, etwa mit dem Kauf der HÖFE-N. Insgesamt investierte BayernHeim 100 Millionen Euro in zwei Objekte. Die Sparte Büro machte mit nur noch 43 Millionen Euro 13 Prozent vom Kuchen aus. Hier ging das frühere Novatis-Gebäude in der Oberen Turnstraße über den Tisch. Das Segment Industrie & Logistik kam mit 16 Millionen Euro auf gerade mal 5 Prozent. In Grundstücke, die Objekte der Zukunft, flossen magere 32 Millionen Euro.
„Die Rendite-Erwartungen war für institutionelle Investoren praktisch nicht zu erfüllen“, begründet Küspert die erwartbare Entwicklung. Der gesamte deutsche Markt hat sich mehr als halbiert. Die Bodenbildung beim Preis sei noch nicht abzusehen, in diesem Jahr werde es weiterhin fallende Preise geben. Eine solide Belebung des Marktes sieht er erst im Jahr 2027.
Als Käufer am Markt dominierten Projektentwickler und Bauträger mit einem Anteil von 73 Prozent. Auf der Verkäuferseite kamen von den Fonds kein einziges Objekt auf den Markt, weil die Preise aus deren Sicht nicht die Objektwerte widerspiegeln. Stattdessen warfen auch hier Projektentwickler 80 Prozent der Gebäude auf den Markt. Für die gebeutelten Projektentwickler könnte das noch ein Weg gewesen sein, schnell noch zu Geld zu kommen. Die Schlagzeilen über insolvente Projektentwickler, die auch in Nürnberg große Pläne hatten, sind lang.
Auch Jonas Hahn, Professor für Immobilienmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences, verbreitet keinen Optimismus. „Wir sind weit entfernt von einer Trendwende“, bei Büros würden die Kaufpreise weiter fallen. Das führe zu einem „Klumpenrisiko“ für den Nürnberger Bürostandort, etwa bei Gewerbeflächen mit hohem Büroanteil. In der Innenstadt der Noris gehe es um die „3. Verwendung“ für verwaiste Standorte. Küspert flankiert: „Der Einzelhandel der Zukunft findet nur noch im Erdgeschoss statt.“
Sorgenfalten hat Jonas auch mit Blick über den Teich. In den USA stünde in diesem Jahr eine Nachfinanzierung bei Immobilien von rund einer Billion Dollar an – gepaart „mit einem Kreditausfallrisiko von bis zu 10 Prozent“. Das könne auch auf Europa überschwappen, zumal auch deutsche Kreditinstitute dort mitfinanziert haben.
Vor diesem Hintergrund kolportiert der Professor den sarkastischen Branchenspruch „Survive till Twentyfive“. Gerade Projektentwickler stunden weiter unter Druck, hier könnte es zur Risikoteilung etwa auch zu Joint Ventures kommen. Mittelfristig könnte es aber wieder besser werden: „Back to Heaven in Twentyseven.“
„Vertrauen ist die Leitwährung auf jeglichen Investmentmärkten“, betont Heilmaier. Sie will vor Ort, etwa in der Breiten Gasse, für gute Rahmenbedingungen sorgen. Darauf ziele beispielsweise auch die Zukunftsinitiative Innenstadt ab. Das sogenannte Schwabacher Modell, die Stadt hatte dort zur Innenstadtentwicklung das alte Postgebäude gekauft, lasse sich aber nicht etwa auf den ausgedienten Kaufhof übertragen. Das gebe die Haushaltslage nicht her.
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