Es ist ein auffälliges Phänomen, dass selten so deutlich wie derzeit zu sehen ist. Einerseits ist die Klage über die wirtschaftliche Lage und den Ausblick groß, andererseits kämpfen die Unternehmen um neue Mitarbeiter. Von großen Entlassungswellen, wie bei den großen Tech-Unternehmen in den USA, ist hierzulande nichts zu sehen. Entsprechend präsentiert sich auch die mittelfränkischen Metall- und Elektroindustrie (bayme) gespalten. So sorgen hohe Preise für Vorprodukte, Logistik, Rohstoffe und Energie sowie weniger Aufträge für negative Geschäftserwartungen. Auf der anderen Seite bremse der Fach- und Arbeitskräftemangel mehr als 80 Prozent der Betriebe aus, konstatiert Frank A. Bergner, bayme-Vorsitzender der Region Südost-Mittelfranken. „Der Arbeits- und Fachkräftemangel entwickelt sich zur Belastungsprobe und zum Wachstumshemmnis für unsere Industrie.“
Laut konjunktureller Winterumfrage für die mittelfränkischen M+E Industrie bewerten gut 50 Prozent der Unternehmen die Lage als gut. Die Salden haben sich seit Sommer aber eingetrübt. Die Erwartungen für das kommende Jahr sind hingegen weiterhin im negativen Bereich.
Bei den Investitionsplänen sind die mittelfränkischen M+E Unternehmen zurückhaltender: Nur 11 Prozent wollen die Investitionen in den kommenden Monaten erhöhen. „Aber nur 18 Prozent der geplanten Investitionen entfallen auf Erweiterungen. Unser Standort hat durch den Krisen-Cocktail an Attraktivität eingebüßt. Um dauerhaft für Investitionen interessant zu bleiben, müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden“, findet Bergner und ergänzt: „Sorge bereiten hohe Arbeitskosten, Steuern und Abgaben sowie Bürokratiemonster wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.“
Die Ertragslage der Unternehmen in Mittelfranken ist differenziert. Fast die Hälfte der Betriebe rechnet im laufenden Jahr mit einer Nettoumsatzrendite von über vier Prozent. Gleichzeitig befindet sich etwa jedes dritte Unternehmen in einem kritischen Bereich. Von ihnen befürchten gut 14 Prozent Verluste, weitere 17 Prozent müssen mit einer Rendite von unter zwei Prozent auskommen. „Die Ertragslage ist damit etwas besser als noch im Sommer. Aber für eine Entwarnung ist es zu früh“, so Bergner.
Die mittelfränkischen M+E Betriebe stellen in den kommenden Monaten weiter moderat ein. „Im vergangenen Jahr haben sie rund 2.200 Stellen geschaffen. Bis zum Jahresende 2023 erwarten wir einen Anstieg der Beschäftigung um rund 1.300 weitere Stellen auf dann gut 131.000“, konstatiert Bergner. Ein Viertel der Befragten will im ersten Halbjahr 2023 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, knapp 15 Prozent wollen Stellen abbauen. Aktuell bremst der Arbeitskräftemangel bei 43 Prozent der Betriebe die Produktion erheblich. Bei weiteren 43 Prozent ist das Geschäft zumindest geringfügig beeinträchtigt.
ePaper Nürnberger Nachrichten (Paid), nue-news.de: Metall- und Elektroindustrie erholt sich