Vielleicht wird einmal das Nürnberger Startup Seamless Energy Technologies dazu beitragen, die deutsche Reichweitenangst beim E-Auto zu besiegen. Das Jungunternehmen entwickelt die Produktionstechnik für Primärspulen für eine kontaktlose Energieübertragung. Damit lassen sich Straßen elektrifizieren. Immerhin sind die Gründer an einer einen Kilometer langen Teststrecke beteiligt, die bis zum nächsten Jahr auf der A6 bei Sulzbach-Rosenberg entstehen soll. Dieses Pilotprojekt leitet der FAU-Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS). Für dieses innovative Geschäftskonzept vergab die IHK Nürnberg einen der drei Gründerpreise.
Einen weiteren Preis ergatterte die 2019 in Nürnberg gestartete Vitas. Deren Plattform für virtuelle Telefonassistenten nimmt eingehende Anrufe automatisiert entgegen und stellt alle relevanten Informationen strukturiert zur Verfügung. Dazu zählen etwa Name, Geburtsdatum oder Anliegen. Die künstliche Intelligenz (KI) kann zudem einfache Fragen beantworten oder an eine echte Person durchstellen, Tickets erstellen sowie Kalendereinträge vornehmen.
Auch das Fürther Startup Futurity kletterte auf das diesjährige Siegerpodest. Die Gründerin will der Modebranche statt Fast Fashion den Weg zu einer Push-Produktion auf Anfrage ebnen. Um die internen Prozesse der Branche zu digitalisieren, sollen sogenannte Render Pipelines zum Einsatz kommen. Diese 3D-Software-Anwendungen könnten die verschiedenen Stufen in der Modeindustrie miteinander verknüpfen. So lassen sich automatisiert detailgetreue Ansichten der Kleidungsstücke erstellen, die man dann z. B. in einem Online-Shop bestellen kann. Erst ab einer gewissen Ordermenge wird die Produktion tatsächlich angeschmissen.
„Wir sehen in diesem Jahr drei technologiegetriebene Innovationen“, freut sich IHK-Chefvolkswirt Udo Raab. Neben den drei Siegern hatten weitere 40 junge Unternehmen ihre Geschäftskonzepte eingereicht. Sie haben bislang 289 Arbeitsplätze und vier Ausbildungsplätze geschaffen. Er lobt den „Mut zur Gründung“ als beispielhaft.
Denn zugleich nimmt die Lust am eigenen Unternehmertum – langfristig betrachtet – deutlich ab. Laut dem Gründungsreport der KfW haben sich die Existenzgründungen seit 2004 bundesweit mehr als halbiert. Im letzten Jahr gab es zwar wieder ein leichtes Plus, aber die jungen Unternehmer gehen lieber auf Nummer sicher. Die Zahl der Vollerwerbs-Gründer, die ins Risiko gehen, nahm deutlich ab. Der sanfte Weg auf Nummer sicher mit einer Nebenerwerbsgründung legte prozentual zweistellig zu.
Raab verweist auf die Unsicherheiten, denen sich ein Startup aussetzt. Das reiche vom Aufgeben einer sicheren Beschäftigung bis hin zur Bank, die mit dem Eigenheim als Sicherheit gern finanziert. Hinzu käme die aktuell beliebte Klage über bürokratische Hemmnisse und Kapitalgeber, die sich ein Konzept sehr genau anschauen. Immerhin hat sich in den letzten Jahren festes Netzwerk gebildet, um die Gründerlust zu unterstützen. Neben Verbänden, Kommunen und Gründungszentren sind auch Kreditinstitute, Förderbanken, Hochschulen und Initiativen dabei. Langfristig nutzen die Startups auch der Region. Allein die 1.010 Unternehmen, die beim Gründerpreis Mittelfranken der IHK mitgemacht hatten, haben in 28 Wettbewerbsjahren rund 14.500 Arbeitsplätze und rund 590 Ausbildungsstellen geschaffen.
Mehr Gründer täten auch dem Standort regional und bundesweit gut. Denn sowohl bundesweit wie auch in Mittelfranken ist die Innovationsdynamik auf einem niedrigen Stand. Die derzeitigen Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung, der Mangel an Fachkräften und die zunehmende Bürokratie bremsen die Innovationsaktivitäten und -fähigkeit der mittelfränkischen Wirtschaft. Das zeigte Anfang des Jahres auch der „IHK-InnnovationsReport Mittelfranken 2023“.
br.de/drei-aus-43-ihk-gruenderpreis, nue-news.de: IHK-verleiht-gruenderpreis-2023
Beitragsbild: IHK Nürnberg / Vanessa Mund