Würde man eine Konjunkturumfrage zu Protest und Politik-Bashing machen, bekäme man aktuell tolle Werte. Das Sprichwort „Die Klage ist der Gruß der Kaufmänner“ springt vom Handel auch auf andere Branchen über. Und anders als Hotellerie und Gastronomie mit ihrem Widerstand gegen eine vermeintliche Steuererhöhung waren die Bauernproteste zumindest teilweise erfolgreich. „Jammern lohnt sich“, könnte eine Lektion lauten. Das spiegelt sich auch im IHK-Konjunkturklima Jahresbeginn 2024 der IHK Nürnberg wider. Sie nennt als Kernergebnisse: Konjunktur kommt nicht in Schwung – Dienstleistungen zufrieden und zuversichtlich, aber mangelnde Perspektiven bei angespannter Lage in Industrie und Handel.
Ganz einfach ist die Lage in der Tat nicht. Die OECD weist Deutschland in ihrer Wachstumsprognose für das laufende Jahr mit 0,3 Prozent den letzten Platz unter den OECD-Ländern zu. Die Energiepreise sinken, sind aber immer noch höher als vor der russischen Invasion in der Ukraine. Chinas schlappe Konjunktur sorgt für eine geringere Nachfrage nach deutschen Maschinen. Hinzu kommt der Wandel in der Kfz-Industrie von Verbrenner zum E-Antrieb, den die deutschen Konzerne verschlafen haben. Und zu allem Überfluss steht auch noch die Transformation zur Klimaneutralität in Wirtschaft und Gesellschaft an.
Vor diesem Hintergrund tritt der IHK-Konjunkturklimaindex im negativen Bereich praktisch auf der Stelle. Das Stimmungsbarometer sinkt in Summe marginal, weil die mittelfränkische Metall- und Elektroindustrie an einem schwachen Auftragseingang leidet. Das trifft Mittelfranken mit seiner exportorientierten Industrie besonders stark. Noch schlechter ist die Stimmung in den Branchen Bau und Handel mit Blick auf die kommenden Monate. Neue Jobs entstehen vor allem in den unternehmensnahen Dienstleistungen. Die Betriebe in Industrie, Bauwirtschaft und Handel planen kaum Neueinstellungen.
Dagegen fällt die aktuelle Lage der mittelfränkischen IHK-Unternehmen überraschend gut aus. Die Statistik der IHK weist einen leichten Knick nach oben aus, sie Lagebeschreibung bewegt sich seit dem Herbst 2022 im positiven Bereich – wenn auch im Zickzackkurs.
Die Trübsal in den Unternehmen hat allerdings eine negative Konsequenz. „Die Stimmung macht die Investitionen“, erklärt IHK-Chefvolkswirt Udo Raab. Daher sei die IHK über die „Wachstumsverhinderungsstimmung“ besorgt. Und mit Blick auch die schwachen Exportaufträge macht er den Unternehmen Mut. Es gehe nicht um den günstigsten Preis, um in den Auslandsmärkten zu punkten. „Mit innovativen und energieeffizienten Produkten und Maschinen lassen sich Marktanteile halten oder gar gewinnen.“
Doch momentan haben die Unternehmer ganz andere Sachen im Kopf. Zwei Drittel von ihnen äußern Sorge über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die sie als Gefahr für den Wirtschaftsstandort sehen. Begründet werden die Klagen u. a. mit der altbekannten hohen Bürokratielast und deren Kosten sowie zunehmenden Hemmnissen im internationalen Handel. Auch die Unklarheit über staatliche Regelungen und Förderprogramme – Stichwort Heizungsgesetz und Elektromobilität – drückt die Stimmung. Immer noch mehr als die Hälfte der Betriebe klagt weiterhin über zu hohe Energie- und Rohstoffpreise. Allerdings hat hier der Preisdruck im letzten Jahr nachgelassen hat. Auch die gesunkene Inlandsnachfrage und die gestiegenen Arbeitskosten werden als Risiken für die Betriebe und den Standort genannt.