Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat es in sich. Ausländische Betreuungskräfte in Privathaushalten haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden. Der liegt aktuell bei 9,50 Euro die Stunde. Wie das BAG weiter klarstellt, fällt der Mindestlohn auch für die Bereitschaftszeit an. Das kann gerade dann gelten, wenn eine Kraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnt und zu allen Tag- und Nachtstunden hilft.
Das BAG gab der Klage einer bulgarischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Bulgarien Recht. Ein bulgarisches Unternehmen beschäftigte sie als Sozialassistentin mit einem Arbeitsvertrag in Landessprache. Die Bulgarin erhielt für vermeintlich 30 Wochenstunden einen Nettolohn von 950 Euro monatlich.
Das Konstrukt insbesondere mit osteuropäischen Kräften die Pflege in den eigenen vier Wänden zu stemmen, ist beliebt. Die Deutsche Welle berichtet geschätzt 100.000 bis 300.000 Betreuungskräften, die hierfür in deutschen Haushalten wohnen und betreuen.
Das Bayerische Landesamt für Statistik beziffert die Zahl der Pflegebedürftige in Bayern Ende 2019 auf 492.000. Nicht einmal ein Viertel (115.000) von ihnen wird vollstationär in Heimen versorgt. Bei einem weiteren knappen Viertel (117.000) rückt der ambulante Pflegedienst an. Bei 260.000 Pflegebedürftigen müssen also die Angehörigen – eventuell mit ausländischen Helfern – ran. Das Urteil mit dem Mindestlohn könnte einige Lösungen ein teures Ende bereiten.
Der Sozialverband VdK fürchtet, dass nach dem BAG-Urteil zum Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte die häusliche Pflege nun gänzlich kippt: „Es droht das Armageddon der häuslichen Pflege“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Denn nun ist die Rund-um-die-Uhr Pflege nur noch mit Mindestlohn legal. „Für die allermeisten wird sie damit unbezahlbar“, so Bentele weiter. „Das kommt davon, wenn Politik ein drängendes Problem jahrelang ausblendet.“