„Es ist die ideale Gelegenheit sich jetzt marktwirtschaftlicher aufzustellen.“ Das sagt die Wirtschaftsweise Prof. Veronika Grimm beim Kammergespräch der IHK Nürnberg. Die klimagerechte Transformation der Wirtschaft verursache gesamtwirtschaftlich hohe Kosten. Durch die Ersatzinvestitionen „steigt die volkswirtschaftliche Produktivität erst einmal nicht“. Für die Volkswirtschaftlerin der Uni Erlangen-Nürnberg ist es jetzt auch eine gute Gelegenheit die CO2-Bepreisung, die zum Jahreswechsel weiter steigt, zu stärken. „So haben wir einen Lenkungsprozess und erzielen Einnahmen.“ Wichtig ist ihr im Kontext des sogenannten Klimageldes, „die sozialen Härten abzufedern.“
Das von der Ampel versprochene Klimageld als sozialer Ausgleich für die Klimatransformation etwa im Heizungskeller lässt nach wie vor auf sich warten. Dabei sollten die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an bedürftige Bürger zurückgegeben werden. Auch die anstehende Erhöhung lässt sich so für bestimmte Haushalte kompensieren. „Hier hat die Politik ein großes Problem“, diagnostiziert Grimm in der IHK. Dabei ist es aus ihrer Sicht wichtig, nicht die Akzeptanz in der Gesellschaft zu verlieren.
Außerdem sieht die Wirtschaftsweise nicht kurz- aber mittelfristig weitern Bedarf an Sondervermögen zusätzlich zum Bundeshaushalt. „Die eigentliche Herausforderung ist das Jahr 2025.“ Für dieses Wahljahr rechnet sie wieder mit einem größeren Loch in der Staatskasse. Zudem beginnt drei Jahre später die Tilgung der Coronaschulden, was die Verteilungsspielräume weiter einengt.
„Das wird hochbrisant“
„Das wird hochbrisant“, befürchtet Grimm, gerade wenn die demokratischen Parteien der Mitte weiter „so aufeinander einschlagen“. Denn kommt bei der Bundestagswahl 2025 die AfD auf ein Drittel der Sitze, kann sie eine Grundgesetzänderung in Sachen Schuldenbremse einfach sabotieren.
Grimm gibt den Gästen des Kammergesprächs auch einen kompakten Überblick über das Sachverständigengutachten. Bei der Geldpolitik etwa dämpfte sie die Hoffnung einer schnellen Zinssenkung im Jahr 2024. Zwar haben sinkende Preissteigerungen bei Nahrungsmittel und Energie die Inflationsrate auf leicht über 3 Prozent gedrückt. Allerdings sei die Kerninflation – die Verbraucherpreise für Güter und Dienstleistungen ohne Nahrung und Energie – nach wie vor hoch. „Das größte Risiko für das Vertrauen in die EZB ist es, zu früh mit einer straffen Geldpolitik aufzuhören.“ Der letzte Schritt zu einer Inflationsrate von 2 Prozent sei der schwierigste. „Das langfristige Wachstum ist wichtiger.“ Hier zeigt sich die Wirtschaftsweise allerdings verhalten. Wichtige Bausteine seien etwa produktivitätssteigernde Investitionen oder auch Anreize, länger zu arbeiten, wenn man kann.
Beitragsbild: Grimm: (v.l.): IHK Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch, die Wirtschaftweise und FAU-Professorin Veronika Grimm und IHK-Präsident Armin Zitzmann.