Die Nürnberger Datev, nach eigenen Angaben einer der großen Softwarehäuser in Europa, setzt seinen Wachstumskurs fort. Im ersten Halbjahr 2025 legte der Umsatz auf 810 Millionen Euro zu. Im ersten Halbjahr 2024 erreichte der Umsatz zum Vergleich 739 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten bei der Genossenschaft liegt stabil bei gut 9.050. Etwa 1.000 Mitarbeiter sind bundesweit im Vertrieb unterwegs und bedienen Mitglieder und Kunden. Das marginale Minus von vier Beschäftigten im Vergleich zum Jahresende spiegelt abseits von Energiepreisen und Bürokratie das Dauerproblem der deutschen Wirtschaft wider. Die Situation am Arbeitsmarkt ist eng und verbessert sich auf Sicht voraussichtlich nicht. Trotz geplanter Neueinstellungen rechnet der Softwaredienstleister insbesondere für die steuerberatenden Berufe für das Gesamtjahr nicht damit, die Belegschaft weiter aufzubauen.
„Diese Zahlen bestätigen uns darin, dass der eingeschlagene Weg, unser Produktportfolio konsequent und kontinuierlich weiter in die Cloud zu entwickeln, der richtige ist“, konstatiert Datev-Chef Robert Mayr. „Unsere Transformation in die Cloud ist damit auch ein Digitalisierungsbooster für den Mittelstand.“ So startete beispielsweise im Februar die Cloud-Lösung MyDatev Kanzlei, die die Zusammenarbeit zwischen Steuerberatungen und Unternehmen weiter optimiert. Rund 2.000 Kanzleien setzen sie nach nur einem halben Jahr für das Zusammenspiel mit etwa 14.000 Unternehmen ein. Die 1966 gegründete Genossenschaft des steuerberatenden Berufsstandes hat über 40.000 Mitglieder und über 850.000 Kunden. Allein seit Jahresbeginn lag der Zuwachs bei mehr als 100.000 Kunden.
Die Datev sieht ihre Mitglieder als „Transformationsbegleiter, Prozessgestalter und Sparringspartner“, ergänzt der neue Chief Markets Officer und Nachfolger des langjährigen Vorgängers Peter Krug, Markus Algner. Dabei stünden die Kanzleien vor der Aufgabe, sich und die Mandanten trotz Fachkräftemangels, zunehmender Regulierung und wachsendem wirtschaftlichen Druck in eine digitale Zukunft zu führen. „Wer abwartet, muss später unter höherer Last aufholen“, mahnte Algner mit Blick auf den Marathon digitale Transformation. Es geht nicht darum, Papierbelege allein durch ihre digitalen Gegenstücke zu ersetzen. Vielmehr sei echtes Change Management gefragt. „Digitalisierung erfordert Veränderung – in Prozessen, in Denkweisen, in der Organisation von Arbeit.“
Durchgängige digitale Prozesse lassen sich auch am Thema E-Rechnungen ablesen. Immerhin besteht seit Jahresbeginn die Pflicht, strukturierte E-Rechnungen – nicht zu verwechseln mit einem PDF – empfangen zu können. Allerdings zeigt das Stimmungsbarometer Datev Seismograf, dass die meisten ihrer Mandanten von einem Drittel der Kanzleimitglieder erst kurz vor dem gesetzlichen Stichtag die E-Rechnungsschreibung umsetzen werden. „Das ist schade, denn wer wartet, verpasst eine gute Gelegenheit, Prozesse schon frühzeitig effizienter aufzustellen.“
Die Datev selbst hat hier ihre Hausaufgaben mit ihrer E-Rechnungsplattform gemacht. Sie positioniert sich für den sicheren und gesetzeskonformen Austausch als maßgeblicher Partner für die E-Rechnung. Während z.B. in Polen die Finanzverwaltung die bereits verpflichtenden E-Rechnungen über ein behördeneigenes Portal abwickelt, fehlen von der deutschen Finanzbehörde noch die Anforderungen an das geplante Umsatzsteuermeldesystem.
Zugleich bestätigte die Datev die Feststellung ihrer vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2024. Demnach siegt der Umsatz um 5,2 Prozent auf 1,51 Milliarden Euro. Unterm Strich verblieben als Jahresüberschuss 17,97 Millionen Euro 1,3 Millionen weniger als im Vorjahr. Für das laufende Jahr erwartet die Genossenschaft weiterhin steigende Umsatzerlöse und ein leichtes Plus bei Betriebsergebnis. Gleichzeitig dürften die Kosten für Personal, höhere Lizenz- und Wartungskosten weiter steigen. Zudem fordert die Cloud-Strategie mehr Investitionen insbesondere in den Ausbau der eigenen Rechenzentren.
Enttäuschender Mittelstandsindex
Mit steigenden Umsätzen und soliden Erträgen setzt sich der Softwaredienstleister deutlich von der tristen Situation der kleinen und mittelständischen Betriebe ab. In den monatlichen Datev Mittelstandsindex fließen anonymisierte Daten aus den Umsatzsteuervoranmeldungen von mehr als einer Million mittelständischen Unternehmen ein. Hinzu kommen die Lohnabrechnungen von mehr als acht Millionen Arbeitnehmern. „Die Umsätze sinken fast durchgängig, die Löhne und Gehälter steigen. Kleinste, kleine und mittlere Unternehmen kann das an die finanzielle Belastungsgrenze führen“, zeigt sich Mayr besorgt. Kritisch könnte sich die beschlossene Anhebung des Mindestlohns auf 14,60 Euro ab 2027 auswirken. Denn knapp ein Viertel der Löhne in Kleinstunternehmen in Deutschland liegen aktuell unter der Erhöhung. „Wir sehen in den Daten, dass eine Mindestlohnerhöhung starke Auswirkungen in strukturschwachen Regionen – v. a. in Ostdeutschland und in ländlichen Kreisen – haben wird. Besonders betroffen dürften vor allem niedrig entlohnte Branchen, wie das Gastgewerbe oder die Landwirtschaft, sein.
nue-news.de: Datev wächst 2024 weiter – aber etwas langsamer
