„Die schlechten Arbeitsbedingungen für Arbeitsimmigranten in Katar sind denen in Deutschland für osteuropäische Wanderarbeiter ähnlich.“ Das sagte der kenianische Aktivist Malcolm Bidali in Nürnberg. Der 32-Jährige erhielt im letzten Jahr den Internationalen Menschenrechtspreis der Stadt. Er war selbst Arbeitsmigrant im Vorfeld der Fußball-WM in Katar und machte dann über soziale Medien auf die Ausbeutung von Wanderarbeitern aufmerksam. Mittlerweile unterstützt er über seine Organisation Migrant Defenders kenianische Wanderarbeiter in Katar.
Beim Podiumsgespräch „Faire Arbeit – Faire Löhne“ im evangelischen Eckstein zieht Bidali Parallelen. „In manchen Fällen wird dir auch in Deutschland dein Reisepass weggenommen.“ Außerdem gebe es keine Bewegungsfreiheit, Sprachbarrieren und der rechtmäßige Lohn werde nicht bezahlt. Er nennt aber auch einen klaren Unterschied zu Katar. „Die deutschen Behörden werden bei Verstößen aktiv. Das ist eine gute Sache, aber in Summe ist vieles vergleichbar.“
Niedriglöhne, häufige Verstöße gegen Arbeitszeitgesetze, mangelhafte und überteuerte Unterkünfte oder auch oft unzureichende Krankenversicherung finden sich etwa bei den über 240.000 Saisonarbeitern in der Landwirtschaft. Zu den anderen Branchen mit prekären Arbeitsbedingungen gehören der Bau, der Logistiksektor, Schlachtbetriebe sowie reinigungs- und Pflegeberufe. Auf dem Bau würden beispielsweise dubiose Firmengeflechte aus Sub-, Sub-, Subunternehmen die mobilen Beschäftigten um ihre Rechte bringen.
Auch das System der Unterbringung trägt zur Ausbeutung bei, ergänzt Marius Hanganu auf dem Podium. Er ist für die Nürnberger Beratungsstelle Faire Mobilität aktiv. Das ist eine bundesweite und gewerkschaftsnahe Initiative, die sich für gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen einsetzt. So werde schon mal „auch in Nürnberg“ am Arbeitsvertrag vorbei ein Schlafplatz für 400 bis 600 Euro in einem Viererzimmer vermietet. „Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall vor Gericht landet, ist gering.“
Viele Arbeitsmigranten aus Mittel- und Osteuropa hätten in ihren Heimatländern gelernt, nicht auf die Entscheidungen der Gerichte zu vertrauen. Außerdem verhindern Sprachbarrieren und fehlende Zeit, sich gegen „ausbeuterische Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft, der häuslichen Pflege oder bei Paketlieferdiensten“ zu weheren.
Ähnlich wie am Bau spricht der gebürtige Rumäne Hanganu bei manchen Paketzustellern von „organisierter Verantwortungslosigkeit“, bei denen die Fahrer als „selbstständige Sud-Sub-Unternehmer“ die Pakete ausliefern. Der Generalunternehmer kontrolliere nur die erfolgte Zustellung, „egal wie lange die Fahrer arbeiten oder was sie verdienen“. Für ihn schaffe nur ein „Verbot von Subunternehmen“ eine wirkliche Verbesserung.
In diese Richtung denkt auch der Menschenrechtspreisträger Malcolm Bidali. „Social Media reicht nicht aus, wir müssen die Politik besser integrieren, um Dinge zu verändern.“