Das mittelständische Familienunternehmen Pröchel mit Sitz in Schwanstetten bei Nürnberg macht einiges anders. Dass ein Betrieb mit seinen rund 90 Mitarbeitern ein detailliertes Organigramm über Aufgaben und Funktionen hat, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Noch auffälliger ist es, dass der geschäftsführende Gesellschafter Marc Pröchel nicht nur Buchhaltung, Controlling, IT und Investitionen verantwortet. Bei ihm ist auch der Bereich Vision angesiedelt. „Die Zukunft ist unternehmerisch und gesellschaftlich wichtig“, sagt der zweifache Familienvater, Jahrgang 1978. Er frage sich als Richtschnur immer, worauf seine Söhne Wert legen würden.
Das Familienunternehmen in zweiter Generation ist ein Spezialist für Glas- und Metallkonstruktionen für hochwertige Fenster- und Fassadenkonstruktionen sowie Automatiktüren. Sie werden im Haus entwickelt und gefertigt und dann als repräsentative Lösung für Büros und Geschäftssitze oder auch industrielle Produktionsstätten montiert. „Unsere Fassadenkonzepte verbinden gestalterische Ansprüche moderner Architektur mit funktionalen Lösungen und Nachhaltigkeit. Man wolle nicht nur ökologische Mindestanforderungen erfüllen, sondern beispielhaft vorangehen. So setze Pröchel verstärkt sogenannte Low Carbon Alu-Profile ein, deren CO2-Fußabdruck deutlich besser als Standard- oder teilrecycelte Alu-Rahmen ausfällt. Im Vergleich habe man dadurch im letzten Jahr rechnerisch 118 Tonnen CO2 eingespart. „Nachhaltigkeit ist in unserer Unternehmensstrategie verankert, wir wollen das in den drei Bereichen ökologisch, sozial und wirtschaftlich leben.“
In seinem eher funktionalen Büro hängen zwei Bilder vom deutschen Altrocker Udo Lindenberg. Eines dieser mit Likör gemalten Likörelle ist mit der Textzeile „Ich mach mein Ding“ versehen. Das ist auch Pröchels Devise, der selbst mit seiner Familie in einen Nullenergiehaus auf dem Firmengelände wohnt. Der Diplom-Ingenieur (BA) folgt seinen eigenen Überzeugungen, eine abwartende Haltung auf bessere Zeiten ist ihm fremd.
So gab es für ihn auch kein Zögern, als 2021 mitten in der Corona-Pandemie der Nürnberger Mitbewerber Herzog Metallbau zum Verkauf stand. Das Unternehmen mit seinen rund 25 Beschäftigten hatte keinen Nachfolger, aber eine gute Auftragslage. „Ich musste die Chance einfach nutzen“, sagt er im Rückblick über sein Millioneninvest. Denn neben den Kunden des alteingesessenen Betriebes konnte er sich so auch die Fachkräfte sichern. Der Standort nahe des Nürnberger Südrings bleibt bis heute erhalten. Parallel entsteht in Schwanstetten ein zweiter Standort, um im Blech- und Stahlbereich die Fertigungstiefe durch mehr Eigenleistung zu verstärken.
Ein Jahr später führte der Fenster- und Fassadenbauer die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich ein. Die 40-Stunden-Woche wurde auf 38 Stunden Regelarbeitszeit reduziert, seitdem wird nur noch montags bis donnerstags gearbeitet. „Die fünf Prozent weniger Arbeit haben wir durch bessere Organisation und verbesserte Prozesse wieder reingeholt“, resümiert Pröchel zufrieden. Er illustriert das am Beispiel des Schraubenbestands in der Fertigung. Im Laufe der Jahre kletterte die Zahl unterschiedlichster Blech- und Bohrschrauben auf etwa 2.700 Varianten. Mittlerweile finden sich im Lager nur noch 76 Schraubentypen, was Lagerhaltung, Bestellung und Montage effizienter macht. Neben einer durchgängigen Digitalisierung gebe es viele weitere, kleine Hebel, um unnötigen Kosten zu Leibe zu rücken. Dazu gehören auch neue Verpackungssysteme, die gleichzeitig Material – auch ein Plus für die Nachhaltigkeit – und Zeit im Handling einsparen.
Die Vier-Tage-Woche war auch deshalb vergleichsweise einfach umzusetzen, weil für die Montage vor Ort externe Firmen beauftragt werden. Eigentlich wollte er dieses Segment auch in Eigenregie weiter bedienen. Allerdings steigen einerseits die Aufträge, andererseits waren nicht genug eigene Monteure am Markt zu bekommen. Daher beauftragt er über 50 Subunternehmen für die Arbeit auf den Baustellen. Mit den eigenen Monteuren baut er die Service + Automatik GmbH auf. Sie übernimmt den Service, Wartung und Instandhaltung von Fenster und Türen, auch wenn sie nicht von Pröchel stammen. Damit will sich der Chef für den Zukunftsmarkt an Sanierungen in Stellung bringen. So könnten Fenster und Türen mit RFID-Chips versehen werden, um etwa bei Reparaturen ein defektes Element bereits am Rechner identifizieren zu können. In diesem Segment der Digitalisierung sieht er in der Gebäudebewirtschaftung großes Potenzial.

Für Pröchel war Corona kein Drama. Die Neubaubranche lief noch gut, seine technischen Planer saßen im Homeoffice vor ihren Rechnern. 2023 fällt die Entscheidung, für die Fertigungstechnik in eine spezielle Schüco AS 100 CNC-Maschine zu investieren. Dafür musste zunächst die Halle deutlich erweitert werden, um Platz zu schaffen. Die neue Großmaschine erlaubt es, Arbeitsschritte bei der Profilbearbeitung für Fenster- oder Fassadenelemente nunmehr in einem Arbeitsgang zu erledigen. Die entsprechenden Daten werden digital aus der Planung eingespeist. Außerdem läuft sie teilweise vollautomatisch. „Das stärkt unsere Marktstellung und bringt uns einen entscheidenden Vorteil“, sagt Pröchel. Er ist stolz darauf ist, in Bayern die derzeit einzige Schüco-Maschine in Betrieb genommen zu haben.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024/2025 (30.06.) lag der Umsatz bei rund 16,5 Millionen Euro. Für das laufende Jahr peilt der Firmenchef einen Umsatz von rund 18 Millionen Euro an. Die Aussicht auf das Wachstum ist nicht schlecht, der Auftragsbestand liege bei gut 10 Millionen Euro. Man sei für viele Kunden seit Jahren aktiv und habe sich mit Leistung und Qualität einen guten Namen gemacht. Gerade bei komplexeren und maßgeschneiderten Lösungen seien auch viele Architekten überzeugt. Für das geplante Wachstum soll auch die Zahl der Belegschaft von derzeit 90 Mitarbeitern, darunter fünf Azubis, weiter steigen. „Wir suchen ständig für unser stetiges Wachstum Fachkräfte, Azubis oder duale Studenten.“
Auf diese Weise will Marc Pröchel die Geschichte langfristig weiterschreiben. Vater Günther gründete 1995 in Nürnberg die Oberland Fassadensysteme. Neun Jahre später verlagert er den Betrieb an den repräsentativen Firmensitz nach Schwanstetten. Damals rückte Marc als zweite Generation in die Geschäftsführung auf, seit 2009 lenkt er die Geschicke allein. Mit der Übernahme der Herzog Metallbau wurde aus der der Oberland Fassadensysteme der heutige Familienbetrieb Pröchel.
