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Design Offices: Klassische Büros in Sinnkrise

Joachim Gripp CEO der Nürnberger Design Offices sieht klassische Büros in Sinnkrise

Wer sich mit Joachim Gripp verabredet, findet sich nicht in einem repräsentativen Chefbüro wieder. Der CEO der Nürnberger Design Offices bucht sich am Nürnberger Stammsitz im Tafelhof Palais, dem Rundbau am Nürnberger Hauptbahnhof, einen Besprechungsraum. Sein Büro hat er im Laptop dabei. Damit lebt der promovierte Volkswirt genau die flexible und mobile Arbeitsform, für das auch die Design Offices stehen. „Das klassische Büro hat eine Sinnkrise“, ist er sich sicher.

Seit der Coronapandemie haben sich Home Office und mobiles Arbeiten in Unternehmen etabliert. Neben der konjunkturell anhaltenden Flaute beim bundesweiten Büroneubau sieht Gripp auch eine Verunsicherung in den Firmen. Das flexible Arbeiten senkt den Flächenbedarf in den Betrieben und verlangt nach neuen Ansätzen. In diesem Markt seien daher Design Offices in bundesweit 15 Städten mit 48 Standorten ein „Teil der Lösung“. Er sieht den Bedarf an Bürofläche in Deutschland im Jahr 2030 rund 20 Prozent unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.

Design Offices bieten für neue Arbeitsformen Bürofläche sowie Platz für Meetings, Konferenzen und Events von insgesamt rund 260.000 Quadratmetern. Unternehmen mit leeren Büros könnten sich verkleinern oder Standorte aufgeben und sich stattdessen Office Spaces anmieten. „Der Raum muss sich der Arbeit und ihren wechselnden Anforderungen anpassen.“ So spare man sich einen eigenen Empfang, müsse keine Meetingräume vorhalten und brauche auch keine eigene Lagerfläche. Unterm Strich sieht Gripp für die Unternehmen deshalb einen Kostenvorteil, wenn sie sich für seine Arbeitswelten entscheiden. Allein mit diesem Angebot machen die Design Offices gut drei Viertel ihres Geschäfts.

Der promovierte Volkswirt Joachim Gripp spricht gern von seinen Bürowelten als „Kulturort und Produktivitätsmaschine“.
Joachim Gripp in der Design Offices Lounge im Headquarter an der Nürnberger Bahnhofsstraße. Foto: Thomas Tjiang

Der promovierte Volkswirt Gripp spricht gern von seinen Bürowelten als „Kulturort und Produktivitätsmaschine“. Nach wie vor ähnelte die Gestaltung klassischer Bürowelten eher einer „Legebatterie“. Erst gut ein Viertel der Verwaltungsarbeit finde in zonierten Büros statt, die Begegnung, kreative Teamarbeit oder konzentrierte Einzelarbeit erlaube. Büroraum stehe heutzutage für soziale Begegnung und effizienteres Arbeiten. Er beziffert die Arbeitsproduktivität etwa von IT-Teams in entsprechenden Räumen auf bis zu 20 Prozent höher.

„Wir sind gern Gastgeber und leben Hospitality.“ Gripp, Jahrgang 1968 und selbst als Barista mit Kaffeekultur bestens vertraut, hat in seiner Laufbahn die Gastgeberrolle verinnerlicht. Er hat Leitungs- und Managementfunktionen bei Tchibo, der Fastfoodkette KFC, dem Pizzabäcker Vapiano und der Steakhauskette Maredo Restaurants hinter sich. 2019 wechselte er zu den Design Offices und übernahm 2020 den Chefposten von Gründer Michael O. Schmutzer.

Zu den Basics gehört ein Empfang, der die Kunden persönlich begrüßt und bei vielen Fragen erste Hilfe leistet. Die Meetingräume werden kontinuierlich aufgeräumt und sauber gehalten, damit sie immer in einem Top-Zustand sind. Gripp, der selbst viel die Meetingräume quer durch die Republik nutzt, achtet hierauf mit besonderer Aufmerksamkeit. Gerade bei hybriden Arbeitsmodellen, die zwischen Home-Office und Büropräsenz wechseln, haben sich Elemente wie die Kaffeelounge bestens etabliert. Andere Angebote, wie Yogakurse drei- bis viermal die Woche, sind ebenfalls Standard. Die würden zwar nur von einer Minderheit genutzt, die Möglichkeit werde aber sehr geschätzt.

Ein weiterer Service für Einzelunternehmer oder Start-Ups ist der Büroservice. Sie können den Standort als Firmensitz und Büroadresse angeben und können ihre Schreibtische rund um die Uhr nutzen. Auch Coworking-Spaces gehören ins Angebotportfolio, wo man sich etwa täglich oder monatlich auch per App einbuchen kann.

Der Service ist sein wichtiger Teil der Unternehmenskultur, man begegne den Kunden wie ein guter Hotelbetrieb. Doch anders als in der Gastronomie, wo die Fluktuation schon mal bis zu 50 Prozent hochschnellen kann, ist Gripp mit seinen gut 500 Mitarbeitern sehr zufrieden. Bundesweit verliere er pro Jahr rund 20 Prozent der Beschäftigten. Neue Mitarbeiter würden von einer lockeren Unternehmenskultur angezogen. „Wir sind ein junges Haus mit Duz-Kultur“, das mache den Space-Office-Anbieter attraktiv. Er hat das Du über alle Hierarchieebenen hinweg mit seinem Antritt bei Design Offices kennengelernt und will es jetzt nicht mehr missen.

Gripp, der seine Laufbahn bei McKinsey startete, sieht sich selbst als neugierigen Menschen, der gern Thesen aufstellt und Themen entwickelt. Dafür brauche er „nach alter McKinsey-Kultur“ Feedback und Widerspruch, um den besten Weg zu finden. Dabei komme dem Wahl-Hanseaten auch seine Leidenschaft fürs Segeln auf Außenalter und Ostsee entgegen. Zwei Tage auf der Ostsee könnten zwar schon mal anstrengend sein, aber man bekomme den Kopf frei und sei hinterher erholt. Außerdem sei es mit dem Segeln wie mit dem Führen. „Man muss vorher alles durchdenken, ich kann auf hoher See nicht mal schnell rechts ranfahren.“

Nach der Flaute in Coronazeiten ist die Sparte Meeting, Incentive, Conferences und Event (MICE) wieder im Kommen. So profitieren beispielsweise die beiden Nürnberger Standorte von dem rasanten Erholungskurs der NürnbergMesse, die Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt in die Noris holt.

Derzeit trimmt Gripp das Geschäft auf bessere Auslastung und Effizienz. In Berlin wurde beispielsweise ein Standort aufgegeben, um an einem anderen Standort weitere Etagen anzumieten. Die zusätzlichen Flächen lassen sich mit der Mannschaft eines Standorts betreiben, der Vertrieb kann ebenfalls schlanker auftreten.

Das vergangene Jahr haben die 2008 gegründeten Design Offices und ihre Flex-Offices mit einem leichten Umsatzrückgang auf 142 Millionen Euro abgeschlossen. „Wir sind bezogen auf Fläche und Umsatz der Marktführer in Deutschland.“ Diese Rolle will Gripp als pragmatischer und kundenorientierter „Treiber von New Work“ weiter ausbauen.